MÄNNERHAAR
Alex kontrollierte mit einem kurzen Blick das Gewusel auf dem Kopf neben sich.
Die Haare müssen dringend ab, dachte er. Und vorteilhafter kleiden hätte sein Sohn sich auch können. Männlicher. Es war schwer zu verstehen, warum Henry nicht stärker nach ihm kam. Der Junge hatte das Vorbild doch direkt vor der Nase. Wahrscheinlich hatte seine Ex-Frau ihre Finger im Spiel. Doch die konnte sich anstrengen, wie sie wollte. Er konnte ein kurzes Grinsen kaum unterdrücken. Mittelfristig gewinne ich ohnehin, sagte er sich. Die Hormone werden es richten.
Henry war fünfzehn, kurz vor Ende der Sperenzchen. Noch wirkte er wie ein Außenseiter und hatte keine Ahnung, wie gefährlich das war. Man brauchte Netzwerke, Freunde, musste dazugehören. Wer es zu was bringen wollte, benötigte jeden Support. Das würde er sicher bald begreifen.
Für heute hatte Alex ihm immerhin zu einem besseren Kinofilm verholfen. Er hatte kurzerhand Tickets für den zweiten Teil von Thor geordert, als er an der Kasse gesehen hatte, dass in Gravity, der Wahl seines Sohns, nur zwei Leute mitspielten, die irgendwo durchs All schwebten. Henry hatte stumm genickt und nuckelte nun im großen Saal an seiner Bionade.
Nach einer guten Stunde log Alex ihn an, er müsse geschäftlich telefonieren. In Wahrheit hatte er keine Lust mehr auf das schwülstige Gerede. Die Leute auf der Leinwand klangen, als ob sie Gedichte aufsagten, und vielleicht war Kino ganz generell eine schlechte Idee für ihre Nachmittage. Er holte sich ein Weizen, ergatterte den letzten freien Tisch auf dem Bürgersteig und setzte die Sonnenbrille auf.
„Selbstverständlich, sehr gerne.“ Lässig lächelte er die Frau mit Pinscher an, die auf dem freien Stuhl ihm gegenüber Platz nehmen wollte. Alex hatte sie schon von Weitem gesehen und gewusst, sie würde sich zu ihm setzen. Solche Frauen mochten seine männlich-kultivierte Art: Undercut mit gestutztem Vollbart, heller Hemdkragen unter Anzugweste oder gedecktem V-Ausschnitt, eine ordentliche Jeans, also eine aus amerikanischer, nicht aus schwäbischer Fabrikation, gepflegte Lederschuhe, die mehr aushielten als Teppichboden, selbstverständlich mit passendem Gürtel.
Aus der Nähe sah sie nicht nach Girl mit Hündchen aus. Eher nach erwachsener Frau. Zum Glück. Seine Erfahrung sagte ihm, dass er sie in spätestens zehn Tagen im Bett haben würde. Heute kennenlernen und Telefonnummer, dann nochmal treffen und Hand berühren und beim dritten Date: Bäng!
Sie plauderten über das gute Wetter, darüber, dass sie sich freuten, jetzt, während der Eurokrise, einen deutschen und keinen griechischen Pass zu haben und über seinen Job als Vertriebsleiter eines Mittelständlers, der technische Bauteile herstellte. Dass die größtenteils für Waffen benötigt wurden, ließ er aus. Das hatte bei manchem Naivling schon zu Diskussionsengagement geführt, das ihn langweilte.
Er besorgte ihr einen Aperol Spritz.
Sie war bei irgendeiner Marketingagentur beschäftigt, Buchhaltung oder Finanzen, was die meisten Frauen halt so machten. Dass sie ihn bat, kurz auf den Hund aufzupassen, weil sie sich frischmachen wolle, war ihm unangenehm. Nicht dass jemand auf die Idee kam, der Fiffi gehöre ihm. Trotzdem hängte er die Leine über seine Armlehne.
Er sah die Frau nie wieder.
Während Henry seine Arme vorsichtig nach dem Hund unter dem Tisch ausstreckte und ihn auf seinen Schoß hob, merkte er an, dass es kacke sei, mitten im Film abzuhauen, ohne etwas zu sagen. „Das war der letzte Film, den ich mit dir geguckt habe. Außerdem bin ich fünfzehn. Ich habe eh keinen Bock mehr, irgendwelche Nachmittage mit dir zu verbringen, nur weil du nicht bei uns wohnst.“
„Im Kino redet man eh nicht und zum Schisshaben bist du zu alt. Also wird es auch ohne mich okay gewesen sein.“ Alex war gerade nicht nach verständnisvoll. Er drückte seinem Sohn die Leine in die Hand und verschwand ein zweites Mal.
„Sie ist weg“, ließ ihn Henry wissen, als er zurückkam, und hielt ihm einen Zettel hin, den er anscheinend in einer strassverzierten Halsbandtasche gefunden hatte.
Sie sahen aus, als ob sie meinem Hund - er ist ein Chinesischer Schopfhund und heißt Ming - ein gutes neues Zuhause geben könnten. Er mag nicht so aussehen, aber er ist sehr sportlich, war der Beste in der Hundeschule und haart logischerweise wenig. Er frisst am liebsten Hackfleisch, Sie werden merken, warum.
Ich kann ihnen nicht sagen, warum ich ihn abgeben muss und mich für diesen eher ungewöhnlichen Weg entschieden habe. Aber glauben sie mir: Es handelt sich um einen Notfall. Sie helfen nicht nur Ming, sondern auch mir. Lieben Dank!
Alex checkte das weiß-graue Etwas auf der schwarzen Hose seines Sohnes. „Der hat ja gar kein Fell.“
„Nee, nur hier aufm Kopf und an den Ohren. Wie ein toupierter Mittelscheitel.“ Henry lachte auf und präsentierte Alex die Härchen, indem er sie zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt senkrecht nach oben zog. „An den Füßen und am Schwanz hat er auch noch ein paar.“
„Zieh noch mehr an den paar Fusseln. Du zwingst ihn ja geradezu, dich zu beißen.“
„Du meinst, je weniger Haare man hat, desto heiliger werden sie einem? Du musst es ja wissen.“ Henry lachte ein weiteres Mal.
Wann hat er angefangen, sich über mich lustig zu machen, fragte sich Alex. Sein Sohn hatte bislang keine Entertainer-Qualitäten vermuten lassen.
Jetzt schob er dem Hund seinen kleinen Finger ins Maul. „Er kann übrigens nicht beißen. Er hat keine Zähne.“
Der Hund zeigte seine rosa Zunge. Erst jetzt bemerkte Alex den irren Blick des Tiers.
„Sollen wir ihn umbenennen? Ming finde ich rassistisch. Ich bin für Hasso. Oder Rex.“
„Hier wird nichts umbenannt“, ranzte er Henry an. „Glaubst du im Ernst, wir behalten den?“ Früher hat man solche Viecher erschlagen oder ersäuft, schoss es ihm durch den Kopf. Aber er kannte niemanden, der das für ihn erledigen würde.
Eine Woche später feierten Henry und er eine Weltpremiere: das erste Vater-Sohn-Joggen. Vorneweg: Hasso. Alex‘ Hoffnung auf einen plötzlichen Infarkt des maximal murmelgroßen Herzens würde sich nicht erfüllen, so viel war schon nach den ersten zehn Minuten klar. Die kleine Töle verfügte über mehr Kondition als beide Zweibeiner zusammen.
Henry hatte mit seinem Vater einen Deal gemacht: Kurzhaarfrisur gegen vier Wochen Probezeit für den Hund. Danach würde miteinander geklärt, wie es weitergehen solle. Für Alex gab es drei Möglichkeiten: Tierheim, Kochtopf beim Chinesen oder eine Geisteskranke, die einen Hund aufnahm, der nicht mal ein Stück Fleisch kauen konnte, abends zitterte und tagsüber einen Sonnenbrand kriegte. Auch wenn sein fünfzehnjähriger Sohn plötzlich davon ausging, Diskussionen auf Augenhöhe mit ihm führen zu können, würde es wahrscheinlich auf Variante eins hinauslaufen.
Dass Henry gewusst hatte, auf welchen Einsatz er anspringen würde, nötigte ihm jedoch Respekt ab. Er ist halt doch mein Junge, hatte Alex sich gesagt, ein brillanter Verhandler, jetzt sogar mit gescheitem Haarschnitt.
Als sie nach 9,2 Kilometern in 52 Minuten und 14 Sekunden wieder am Auto waren, warf Henry noch ein paar Stöckchen, die der kleine Köter mit großen Sprüngen apportierte. Meistens brachte er sie nicht zurück zum Werfer, sondern zu Alex. Der lobte den Hund und gab das Stöckchen seinem Sohn.
„Der läuft, bis er umfällt. Ein richtiger Rüde.“
Henry sah ihn skeptisch an. „Vor allem ist er immer gut gelaunt. Obwohl er nicht gerade wie ein Hund und erst recht nicht wie ein Männchen aussieht. Und nicht beißen kann. Daran sollten sich die Menschenmänner mal ein Beispiel nehmen. Hasso ist einfach so, ohne großes Tamtam, eher von innen heraus lässig und gechillt.“
Hatte sein Sohn ihm mit diesem Blödsinn gerade die Leviten lesen wollen? Alex musste grinsen. Der Hund war nicht cool, sondern zu blöd zu verstehen, wie peinlich er rüberkam. Er verzichtete jedoch darauf, ihm das zu erklären. Vielleicht weil er den Konflikt mit Henry vermeiden wollte, vielleicht aber auch nur nicht, weil dieser kleine Hund so zäh war. Davor musste man den Hut ziehen.
„Na, ist der Fiffi immer noch nicht untern Laster gekommen?“, machte sich sein Kollege Aslan, gleichzeitig sein aktuell bester Kumpel, lustig, als er Hasso in einer Sporttasche zu seinem Büro trug. Alex gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass er die Klappe halten sollte.
Seitdem die Herbstferien um waren, hatte er bis nachmittags Hundedienst. Man konnte Hasso nicht lang allein lassen. Ein Stündchen oder so war okay, aber danach machte er Terror.
Seine Ex fiel als Babysitter aus, weil sie sogar gegen die drei Haare, die der Hund hatte, allergisch war. Solang er ihr nicht ganz nah kam, ging es, aber ihn stundenlang im Büro unterm Schreibtisch liegen zu haben, war ausgeschlossen. Alex hatte vorgeschlagen, ihn direkt ins Tierheim zu geben, aber Henry hatte mit einem unguten Unterton „vier Wochen“ gesagt und auf seine neuerdings gepflegten Haare gezeigt. „Vier Wochen kümmern wir uns gemeinsam, jeder so, wie er kann. So ist es abgemacht.“
Alex hatte seinem Sohn nicht vor den Augen seiner Ex erklären wollen, dass man einen Deal auch mal platzen lassen konnte, wenn der eigene Vorteil groß genug war.
Außerdem musste er zugeben, dass es dem kleinen Kerl gelungen war, sich ansatzweise bei ihm einzuschmeicheln. Das war wie bei den Frauen. Wenn sie nett waren und ihn, und zwar nur ihn, anlächelten, knickte er ein und ließ sich auch mal auf eine Sache unter seinem Niveau ein. Auch der Hund hatte sich ihn ausgesucht. Obwohl Henry sich viel mehr Mühe gab und auch seine Ex trotz aller Distanz sehr freundlich mit dem Tier umging, kam er am liebsten zu ihm. Alex fragte sich, warum. Bei ihm gab es keine Leckerchen und kein Streicheln, nur ab und zu einen freundschaftlichen Klaps auf die Seite. Meisterstrategen waren Hunde nicht gerade. Alex mochte es trotzdem.
In seinem Büro ließ der Hund sich direkt unter seinen Schreibtisch fallen. Alex fasste in Worte, was sein Blick auf dem Flur hatte sagen sollen: „Ihr habt das Tier jetzt schon ein paarmal gesehen. Ist ein schräger Vogel, ja, aber ein guter Hund. Also: Noch ein paar Sprüche, mein Freund, und ich mache dir den Fred.“ Das war ein Insider zwischen den beiden. Fred war vor Aslan Alex‘ bester Kumpel gewesen. Alex hatte irgendwann mit seiner Frau geschlafen. Ein gutes Kribbeln überfiel ihn noch heute, wenn er daran dachte. Weder die Freundschaft noch Freds Ehe hatten seinen Sex überlebt, aber die Nacht war den Einsatz eindeutig wert gewesen.
Aslan reagierte ruhig und sachlich auf seine Drohung. „Dann muss ich dich töten.“
Der Begriff von Ehre in diesen Kulturen ist befremdlich und beeindruckend zugleich, dachte Alex.
Dann lachten sie sehr laut.
Am folgenden Freitagabend machten sie sich zusammen auf den Weg in die La Bar Loma, eines seiner Lieblingslokale. Alex hatte sich gerne auf ein, zwei Stunden überreden lassen, nicht länger, weil der Hund bei ihm übernachtete. Henry tat seiner Mutter einen Gefallen und war mit ihr ins Theater gegangen. Sein Kumpel Aslan war in Hochform, riss einen Joke nach dem anderen. Nach dem zweiten Gin Tonic fiel Alex ein, dass die Nachbarn in der anderen Doppelhaushälfte zu einer Geburtstagsfeier nach Münster gefahren waren, wo sie auch übernachten würden. Es kann eigentlich nichts passieren, dachte er. Selbst wenn Hasso ein bisschen kläffte, würde das keinen Ärger geben. Er bestellte einen weiteren Gin Tonic. Und danach noch einen.
Aslan hatte nicht ganz so viel getrunken und konnte angeblich noch fahren. Als er Alex zuhause rausließ, konnte der schon vom Bürgersteig hören, dass Hasso nicht mehr schlief. In dem Moment, in dem er den Schlüssel ins Schloss steckte, wurde es drinnen still.
Alex machte Licht. Zerfetzte Kissen, seine Lieblingsschuhe würde er nicht mehr tragen können, die Tür zerkratzt und gepisst hatte die Töle auch noch, sogar zweimal. Er brüllte irgendwas von Scheißvieh und gab dem Hund drei ordentliche Tritte. Einen fürs Bellen, einen fürs Kaputtmachen und einen fürs Pissen.
Der Hund verstand, was er ihm sagen wollte. Nachdem er ein paarmal ordentlich gejault hatte, zog er sich winselnd auf seine Decke zurück. Geschieht dir recht, fand Alex und knallte die Schlafzimmertür zu. Sollte Henry den Scheiß morgen früh wegräumen. Der hatte das Vieh ja haben wollen.
Er wachte auf, weil im Flur gesprochen wurde. Henry. Er war anscheinend schon da. Aber mit wem redete er? Alex wischte sich den Schlaf aus den Augen. Anscheinend telefonierte sein Sohn mit seiner Mutter. Vor Aufregung schrie er. Alex verstand die Worte „sofort“ und „Tierarzt“ und sprang aus dem Bett.
Henry riss vor ihm die Tür auf, sie standen sich gegenüber, Vater und Sohn. Alex wünschte sich, mehr anzuhaben als nur eine Unterhose. „Was ist mit ihm?“ Seine Stimme war belegt.
„Du hast ihn fast umgebracht.“ Erst jetzt fiel Alex auf, dass sein Sohn mittlerweile so groß wie er selbst war. Ohne zu antworten, drehte er sich um und griff nach seiner Jeans.
„Wir fahren zum Tierarzt.“
„Mama ist schon aufm Weg hierher.“
„Ich bin schneller.“
„Fick dich.“
Mann gegen Mann, schoss es Alex durch den Kopf. Sein Sohn war soweit. Dann machte er, was er in einer solchen Situation noch nie getan hatte. Er senkte den Kopf und schwieg.
Die Tierärztin tippte auf eine Fifty-fifty-Chance, den Hund zu retten. Sie müsse operieren, ob sie versichert seien oder das Geld dafür aufbringen könnten.
„Kann ich“, sagte Alex, ohne zu zögern.
Er hatte auf der Fahrt auf dem Rücksitz gesessen, Henry mit dem Hund vorne neben seiner Mutter, deren Augen sich während der wenigen Kilometer merklich gerötet hatten.
„Wann lernst du das endlich? Dich zu kontrollieren. Nicht nur andere.“
„Ich habe ihm nur einen kleinen Tritt gegeben. Er hat das halbe Haus verwüstet.“
„Hasso jault, wenn man ihn berührt und ist ansonsten fast komatös. Das fällt bei dir anscheinend immer noch in die Kategorie, ein Mann muss auch mal durchgreifen.“ Sie war ihm eisigkalt erschienen, nicht einmal aufgeregt.
Alex hatte ihre Anspielung verstanden. Der Abend, als er sie einmal kurz geschüttelt hatte und sie am nächsten Tag mit blauen Oberarmen bei ihrer Mutter untergeschlüpft war. Das Ende ihrer Ehe. Er hatte schon vor langem beschlossen, nichts mehr dazu zu sagen und auf den kleinen Hund geguckt, der mit offenen Augen, aber unbeweglich im Schoß seines Sohns lag, auf den Hund, der sonst hellwach und fröhlich war. Er hatte sich geschämt. „Entschuldigung. Es tut mir leid.“
Noch als sie ohne Hund und schweigend zurückfuhren, war er sich nicht sicher, ob er die Tritte gegen Hasso oder sein Herr-im-Haus-Gebaren während ihrer Ehe bedauert hatte. Wahrscheinlich beides. „Ich melde mich, sobald ich was von der Tierärztin höre“, verabschiedete er sich, als er aus dem Fond krabbelte.
Sechs Wochen später waren sie auf einem Foto-Trail in einem nahegelegenen Bergwald unterwegs. Alex hatte sich nie um Henrys Leidenschaft fürs Knipsen gekümmert, hatte sie für eine brotlose Kunst gehalten. Aber dann hatte sein Sohn ein paar starke Bilder von seinem frisch operierten und genesenden Hund gemacht. „Andere Kraft“ hatte er die Reihe genannt. Alex fand den Namen und die Fotos nach wie vor gut.
Bei einer Lichtung mit Totholz, Wasser und Farnen saßen zwei angetrunkene Mittzwanziger mit Bier und Zigaretten auf einer Bank. „Guck dir die schwule Töle an.“ Sie lachten. „Na, macht ihr Bildchen fürs Poesie-Album?“ „Bleib ja weg, du kleines Vieh, meinen Schwanz leckst du nicht!“ Noch mehr Gelächter.
Henry hatte Hasso zu sich gerufen, der neben seinen Füßen auf den nächsten Befehl wartete, und sah die Männer aus sicherer Entfernung an, ohne ein Wort zu sagen.
Alex machte ein paar Schritte auf die Gruppe zu. „Früher hätte ich euch dafür einen in die Fresse geschlagen.“ Man merkte seinen Gegenübern an, dass er sie beeindruckte. Als er sich wieder umdrehte, atmeten sie leise und kaum merklich durch.
„Wenn ich’s mir recht überlege – früher war gar nicht alles schlechter!“ Langsam machte Alex kehrt. „Ein paar aufs Maul ist eine gute Schule. Für manche die einzige, in der sie was kapieren.“ Jetzt war nur noch das Knacken unter seinen Sohlen zu hören. Als sein Vater ein paar sprachlose Sekunden dicht vor den bewegungslosen Jungs gestanden hatte, zischte Henry „Fass!“. Der zahnlose Nackthund raste auf die beiden zu. Die sprangen auf die Bank, rissen die Hände verkrampft nach oben. Ihr Bier schwappte über. Hasso tobte vor ihnen hin und her wie ein Räuber Hotzenplotz im Puppentheater. Er kläffte so laut er konnte.
Henry und Alex konnten vor Lachen kaum weitergehen.
„Der hat übrigens gar keine Zähne“, rief Henry, als er sich umdrehte und seinem Hund mit einem kurzen Pfiff den Abzug befahl. „Immer noch auf der Bank“, ließ er seinen Vater vertrauensvoll wissen.
Als er erneut losprustete, fingen seine Haare an zu wippen. Sie waren schon wieder etwas länger geworden. Und blau.